Kyon auf dem Weg zur Pflegestelle
Fast täglich habe ich diese Hunde im Training. Die Hunde, die so oft missverstanden werden. Die oft ganz gebückt vor lauter Erwartungsdruck gehen. Die Hunde, die für vieles erstmal mehr Zeit brauchen. Die Schreckliches erlebt haben und trotzdem so freundlich sind. Ja, einigen platzte auch schon die Zündschnur und sie verhielten sich nicht "ordnungsgemäß"... aber Moment... welche Ordnung? Aus meinen Augen, handeln sie immer angemessen. Angemessen an ihre Geschichte und ihren Erfahrungen.
Oft habe ich Menschen auf dem Platz, die sich über ihren Hund beschweren. "Der kapiert dies nicht, der kapiert das nicht und DAS, das geht gar nicht".
Nun, ich bin Dienstleister... und ich will vorallem dem Hund helfen. Ihm helfen verstanden zu werden. Manchmal bedeutet das für mich: Schlucke runter, was du gerade sagen willst Yvonne. Oft beiße ich vor Wut die Zähne zusammen und schaue in diese verzweifelten Augen der Hunde. Die soooo gerne wollten, aber nicht richtig verstanden werden.
Ohne esotherisch zu klingen. Aber in jeder pelzigen Hülle, steckt eine Seele. Traurige, verzweifelte Seelen. Viele sind einfach nicht die Golden Retriever die mit dir über die grüne Wiese rennen und Schmetterlinge toll finden. Manchmal sind es Hunde, die einfach alles viel zu krass und viel zu viel empfinden und sich lieber verkriechen oder jeden vertreiben wollen. Und wisst ihr was? Oft zu Recht und oft weil sie leider missverstanden und maßlos überfordert sind.
Ja, es ist schön einen Hund zu retten. "Ich habe dem Hund das Leben auf der Straße erspart! Ich habe ihn aus der Tötung gerettet. Der kann uns dankbar sein" höre ich, wenn auch zwischen den Zeilen, schon mal... Meine Faust ballt sich dann in der Tasche. Die Superman-Umhänge kann ich nicht mehr sehen.
Mit viel Geduld und auch Verständnis, auch für die Halter (denn sie wissen es oft einfach nicht), beten Verena Molter und ich jeden Tag unser "Auslandshundegebet" auf dem Hundeplatz runter. Wir versuchen den Haltern in allen Farben und Formen zu erklären, wie es ihrem Hund geht und wieso er ist wie er ist. Was genau er braucht, um am Ende vielleicht ein bisschen besser in "den Rahmen" zu passen. Oft gibt es auch Fälle, in denen wir den Haltern erklären, dass SIE den Rahmen für ihren Hund anpassen können und dann beide davon profitieren, nicht der Hund.
Ja, viele Rumänen sind auch einfach super drauf und wirken dankbar. Die gibt es auch (liebe Grüße an Mango 🥰). Dennoch ist aus meiner Erfahrung (das liegt wohl aber an meinem Beruf, da kommen eben eher die mit Problemen), es oft anders.
Lange Rede... und eigentlich wollte ich über Kyon reden. Nun sitze ich nämlich hier. Bin aufgeregt wie ein kleines Mädchen vor Weihnachten. Alles ist vorbereitet, die Kinder haben Willkommensschilder gebastelt und sein Halsband mit Leine liegt bereit. Ich freue mich und mir ist gleichzeitig schlecht. Was er wohl jetzt gerade für Ängste durchlebt. Wie gruselig er alles in den nächsten Tagen finden wird. Vielleicht auch nicht. Aber eines werde ich ihm versprechen, sobald ich ihn in meinem Arm halte:
Ich schenke dir Zeit! Zeit um anzukommen, durchzuatmen. Und wenn DU soweit bist, dann zeigen wir dir unsere Welt. In dem Maße, in dem es für dich machbar ist.
Meine Kinder (5 und 8) haben mir heute erklärt: "Mama, wenn der Kyon dann da ist, dann rennen wir nicht direkt hin und knuddeln ihn. Aber wenn er fragt? Dann dürfen wir doch oder? Also wir knien uns ruhig hin und fragen, ob er mag oder nicht. Aber wenn nicht, dann ist das okay. Mama, der muss ja auch erstmal klar kommen mit allem was hier ist." Ich bin wahnsinnig stolz auf die zwei🥰.
Bitte liebe Pflegestellen und Adoptanten: Gebt ihnen Zeit. Ruhe und Zeit und schaut, was sie euch anbieten. Wenn ihr zuhört, werdet ihr verstehen, was sie sagen. Sie reden mit euch. Ihr müsst einfach nur zuhören.
Ladet in den ersten Tagen nicht die Verwandtschaft ein, um den Neuankömmling zu präsentieren. Sie brauchen auch in den ersten Tagen keine kilometerlange Wanderung oder wollen möglichst alles kennenlernen. Viele von ihnen, haben das erste Mal eine Leine um. Manche sind vielleicht das erste Mal in einem Haus. Es ist für sie eine ganz andere Welt hier. Entspannt euch und lasst es in den ersten Tagen ruhig angehen. Baut das Vertrauen zu eurem Hund auf. Fragt sie, was ihnen gut tut. Sie verraten es euch. Und wenn sie wissen: Die oder der sieht mich, er versteht mich - dann beginnen ihre Augen an zu leuchten 🥰
Und dann, dann hast du vielleicht Glück und es wird ein "ganz normaler Hund" ohne wenn und aber. Schön wäre es, wenn der Hund Glück hat und du ihn auch liebst, wenn er Ecken und Kanten hat, die eben zu ihm gehören, zu seiner Geschichte und ihn deswegen ganz besonders machen. Manchmal auch Ecken und Kanten, die zumindest ich als Hundetrainer, dem Hund auch gar nicht abtrainieren wollen würde (liebe Grüße an meine Heidi und Raya, die mich oft blamieren, gerade weil ich Hundetrainer bin und man erwartet, dass sie da "funktionieren" müssen. Das tun sie gewiss immer dann nicht, wenn man es am meisten erwartet 😅 und genau dafür liebe ich die zwei Pappnasen und werde NICHTS daran ändern ).🐾🥰😅
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Kommentare 1
Unsere Frieda haben wir vom Tierschutz bekommen. Sie lebte in Ungarn auf der Strasse, das hat man bei ihr leider sehr stark gemerkt. Mit Männern konnte sie zuerst garnichts anfangen. Im Gegenteil sie hat fast alle Männer angeknurt und ihnen mit ihren Zähnen gezeigt das sie sie nicht leiden kann. Für das, dass sie auf der Strasse gelebt hat hatte sie recht gute Zähne. Es war kein Zahnstein und Co zu entdecken. Bevor sie aber zu uns kommen durfte musste sie erstenmal in eine Art Karantäne. Dort wurde sie dann von einem Tierarzt untersucht und Entwurmt. Mit unserer Frieda hatten wir viel Arbeit. Zu erst einmal ging es darum Vertrauen zu uns aufzubauen, das Ganze hat eine Weile gedauert. Bei fremden Menschen vorallem Männern hat es ewig gedauert oder besser gesagt ihr Verhalten gegenüber Männern wurde nie wieder ganz normal.
Ihr Verhalten hat sich zwar sehr stark gebessert, aber normal wurde es nie leider. Das kann man Ihr glaub ich auch nicht übel nehmen schließlich hat sie mehrere Jahre als Staßenhund gelebt. Wer weiß schon wie es ihr dort ergangen ist und wie die Menschen sie behandelt haben. Leider haben wir sie vor fast 2 Jahren einschläfern lassen müssen. Der Grund dafür war ein Tumor der leider zu spät erkannt wurde. Eine schlimme Krankheit ist das, wir haben geweint als es so weit war. Sie hat immer die starke gespielt, glaub auf der Straße muss man das auch. So hat sie ihre Tumorerkrankung bis zum Schluß vor uns versteckt. Sie ist Stunden lang mit uns Gassi gegangen, dabei muss sie höllische Schmerzen gehabt haben, aber angemerkt hat man ihr nichts. Auf der Straße überlebt leider nur der stärkste, alte und kranke Hunde überleben da nicht lang. Das hat sie von klein auf lernen müssen leider.
Ich verstehe nicht das es für einige Hundebesitzer immer der kleine Welpe vom Züchter sein muss. Warum nicht ein Hund aus dem Tierschutz oder Tierheim? Ok es gibt Problem Hunde wie unsere Frida, aber es gibt auch andere die super lieb sind. Wir wusten ganz genau worauf wir uns mit Frieda da einstellen müssten. Da wir schon einige Hunde in unserem Leben hatten, hatten wir Erfahrung mit Hunden. Auch wir sind nicht perfekt, daher haben wir uns Hilfe gesucht und auch gefunden. Klar hat das Geld und Nerven gekostet, aber hat man Frida auf seinem Schoß schlafend gesehen waren die ganzen Kosten und der Stress vergessen.
Bevor ich jetzt noch in Tränen ausbreche komm ich zum Schluß meines Kommentares.
Frida war eine Bereicherung für unser Leben. Leider ist sie viel zu früh von uns gegangen.
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